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Werden E-Autofahrer abgezockt? - Laden unterwegs oft teurer als Tanken

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Wer für sein E-Auto unterwegs ohne Vertrag an öffentlichen Ladepunkten in Deutschland Strom zapft, muss immer tiefer in die Tasche greifen - und inzwischen oft mehr bezahlen, als Super E 10 für dieselbe Strecke kostet.

Hamburg/Leipzig.

Das E-Auto unterwegs zu laden, wird in Deutschland immer teurer. Jede geladene Kilowattstunde Strom an öffentlichen Ladesäulen kostet inzwischen durchschnittlich 55 Cent an Normalladepunkten (AC) und sogar 66 Cent an Schnellladepunkten (DC) pro Kilowattstunde (kWh). 100 Kilometer kosten demnach bei 20 kWh Stromverbrauch 11,10 Euro und schnell geladen sogar 13,11 Euro. Zum Vergleich: Für dieselbe Strecke müssen Fahrer von Verbrenner-Autos bei sechs Litern Kraftstoffverbrauch nur 10,38 Euro zahlen, wenn der Liter 1,73 Euro kostet. Das geht aus dem Ladesäulencheck 2024 im Auftrag des Stromanbieters Lichtblick hervor, für den Statista die Tarife führender Betreiber für mobile Energie ausgewertet hat.

Preise drastisch gestiegen

Demnach sind die Preise ohne Vertrag an öffentlichen Säulen gegenüber der letzten Erhebung vor einem Jahr um drei Cent gestiegen, an Schnell-Ladepunkten sogar um vier Cent pro kWh. Und das, obwohl der Durchschnittspreis für Haushaltsstrom im selben Zeitraum sogar gesunken ist. Im Vergleich zu 2019 sind die Preise der zwölf führenden Anbieter für Laden ohne Vertrag sogar explodiert: Damals ergab der Test noch durchschnittliche Kosten von 31,2 Cent pro kWh an Normalladepunkten. Das bedeutet, dass sich die Preise in fünf Jahren fast verdoppelt haben. So wirbt auch einer der größten Stromanbieter Sachsens, die Envia M, auf ihrer Internetseite mit einem Ad-hoc-Ladepreis von inzwischen 0,54 Euro je kWh. Fürs schnelle Laden werden demnach sogar ohne Vertrag 0,61 Euro fällig.

Lichtblick: „Klimaschädliches Verhalten wird gefördert“

„Die Preise an den Tank- und Ladesäulen sorgen bei Autofahrern für Fehlanreize und fördern damit klimaschädliches Verhalten. Die Entwicklung ist fatal. Für die Verkehrswende ist der breite Umstieg von Verbrenner- auf E-Autos unerlässlich, ebenso wie verbraucher-freundliche Preise an öffentlichen Ladesäulen“, moniert Markus Adam, Chefjurist von Lichtblick.

Monopolisten bestimmen den Ad-hoc-Ladepreis

Hauptgrund für die gestiegenen Preise ist laut Lichtblick die regionale Monopolbildung. In der Regel hätten jeweils die lokalen Energieversorger Marktanteile von über 80 Prozent bei Normalladepunkten, so Lichtblick. In der Spitze sicherten sich Monopolisten sogar bis zu 93 Prozent der Marktanteile in ihrer jeweiligen Region. So beherrsche Sachsenenergie zum Beispiel mit 63 Prozent Marktanteil die Dresdner Region, so Lichtblick. Mit 81 Prozent sei die Dominanz der Leipziger Stadtwerke sogar noch größer. Dieser mangelnde Wettbewerb wirke sich als Preistreiber aus. Denn aktuell bestimme der Ladesäulen-Betreiber, wer den Strom liefert - und das ist in der Regel der eigne Konzern. „Daher werden Ladebedingungen und -preise faktisch von den lokalen Monopolisten bestimmt“, so Lichtblick. Auch die Monopolkommission habe in ihrem letzten Sektorgutachten bestätigt, dass die marktbeherrschende Stellung des lokalen Anbieters zu höheren Ladepreisen an Normalladepunkten führe.

Durchleitemodell könnte für Preissenkung sorgen

Der Stromanbieter Lichtblick, der nach eigenen Angaben mehr als 1,7 Millionen Kunden unter Vertrag hat, fühlt sich deshalb diskriminiert und fordert ein Durchleitungsmodell, das Ad-hoc-Laden ohne Vertrag günstiger machen würde. Dazu müsste jedem Energieversorger das Recht zugestanden werden, seinen Strom an öffentliche Ladesäulen durchzuleiten und zu einem eigenen Preis anzubieten. Im Gegenzug würde er dem Ladesäulenbetreiber dafür eine Nutzungsgebühr für die Installation, den Betrieb und die Wartung der Ladesäule zahlen. „Die Monopole im Normalladesäulenmarkt werden sich nicht von allein auflösen, der Markt benötigt dringend eine Reform“, so Lichtblick.

Kritik an Studie

Experten kritisieren an dieser Studie allerdings, dass die meisten E-Autos noch immer zu über 70 Prozent zuhause oder am Arbeitsplatz geladen werden und dort die Stromkosten in den letzten Monaten erheblich gesunken sind. Während Lichtblick und Statista noch mit dem offiziellen Durchschnitts-Strompreis von 42 Cent je kWh für 2023 rechnen, seien Neuverträge heute erheblich günstiger, heißt es. Sie lägen je nach Netzgebiet nur noch bei 25 bis 35 Cent pro kWh. „Die in der Studie zurecht angeprangerten steigenden Preise an öffentlichen Ladesäulen tragen deshalb nur einen kleinen Teil zu den Gesamt-Verbrauchskosten der meisten E-Autofahrer bei“, so die Kritik. (juerg)

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